Newsletter 09/2024
Medizinische Versorgung als Brennpunkt – Interview mit Hans-Peter Budmiger,
Gemeindepräsident von Muri AG (GLP)
Arztpraxen, die ohne Nachfolger/In die Praxis schliessen, verunsicherte Patientinnen und Patienten, gerade auch ältere und chronisch kranke Menschen, die sich Sorgen machen um ihre Gesundheitsversorgung sind häufig Thema in der medialen Berichterstattung. Gerade abseits der grossen Städte und in eher ländlichen Gebieten hat sich die Situation diesbezüglich in den letzten Jahren verschärft. Wir haben zu diesen Themen ein Interview mit Hanspeter Budmiger geführt. Er ist Gemeindepräsident von Muri AG (GLP) und Mitglied des aargauischen grossen Rates. Wir haben ihn in seiner Rolle als engagierten und aktiven Gesundheitspolitiker interviewt und ihn über die Möglichkeiten und aber auch Grenzen der Politik im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung befragt.
Herr Budmiger, was tun Sie, um die Gesundheitsversorgung der Region Muri langfristig zu sichern?
Wir sind im Austausch mit den Hausärzten, haben diese eingeladen, mit Ihnen gesprochen und erfragt, was die Vorstellungen und Erwartungen an die Gemeinde sind. Wir haben regelmässig Kontakt zu Hausärzten und wir versuchen gute Rahmenbedingungen zu schaffen, Netzwerke spielen zu lassen und Ärzte zu unterstützen. Wir haben uns auch auf politischer Ebene (letztendlich erfolgreich) dafür eingesetzt, dass im Bereich der Grundversorgung der Zulassungsstopp aufgehoben wird. Aufgrund der Tatsache, dass wir wissen, dass wir im Bereich der Grundversorgung einen grossen Engpass haben (der nächste Kinderarzt war für eine lange Zeit weit entfernt und hat auch keine neuen Patienten mehr aufgenommen), haben wir ein Pilotprojekt zur Sicherung der integrierten Grundversorgung in Angriff genommen. Wir haben eine AG gegründet und sind erfolgreich gestartet, dies in enger Zusammenarbeit mit dem Kanton, welcher sich auch finanziell beteilig. Wir konnten auch schon Ärzte für das Projekt gewinnen und denken, dass dies viel dazu beiträgt, die Gesundheitsversorgung in Muri auch für die nächsten Jahre zu gewährleisten.
Ist es Ihrer Meinung nach Aufgabe der Gemeinde, sich dieser Thematik anzunehmen?
Nein, grundsätzlich ist es nicht Aufgabe der Gemeinde, ehrlich gesagt. Der Kanton Aargau ist diesbezüglich ein Paradebeispiel; es gibt 200 Gemeinden, die sich dieser Thematik annehmen, zu einem Grossteil ohne über genügend Know-how von der ganzen Materie zu verfügen; dies führt letztendlich zu einem innerkantonalen Wettbewerb, der niemandem etwas bringt. Ich bin dezidiert der Meinung, dass sich der Kanton dieser Thematik annehmen sollte und das nicht auf Gemeindeebene gehört. Ich persönlich denke auch, dass es Aufgabe des Kantons wäre mit einem attraktiveren Tarif und gerade im Aargau mit einer Aufhebung des Verbots der Selbstdispensation attraktivere Bedingungen zu schaffen. Dieses Verbot der Selbstdispensation stellt aus meiner Sicht einen grossen Standortnachteil dar, der es schwierig macht, Ärzte zu rekrutieren, wenn die umliegenden Kantone diese Einschränkung nicht haben und somit deutlich attraktiver sind.
Wie erleben Sie das politische Engagement von Ärzten? Aktiv? Passiv?
Als zu passiv; ich habe damals einen Vorstoss eingebracht zur Aufhebung des Verbots der Selbstdispensation; gerade weil ich dies auch im Gespräch mit Hausärzten immer wieder als grosses Anliegen der Ärzte gespürt habe. Ich war dann erstaunt, dass sich die Ärztinnen und Ärzte im Rahmen dieses Vorstosses vornehm zurückgehalten haben; dies hat mich sehr verwundert. Ich denke, dass das Engagement von Ärzten zugenommen hat und ich habe das Gefühl, dass in letzter Zeit etwas mehr passiert, dass sich die Ärztinnen und Ärzte vermehrt austauschen und besser organisieren; aber aus meiner Sicht passiert das zu langsam und insgesamt auch zu wenig; mein Eindruck ist, dass man fast etwas zu „anständig“ ist.
Als wie brennend erachten Sie das Thema im Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern?
Es ist schon so, dass die Bürgerinnen und Bürger das Thema als einigermassen brennend erachten. Ich habe in meinem Umfeld viel mit Menschen zu tun, die Kinder haben und da ist schon auffällig, dass viele Probleme haben einen Kinderarzt zu finden. Wir hatten in unserem Teil des Kantons lange keinen Pädiater/Pädiaterin. Den Mangel an Kinderärztinnen und Kinderärzten merkt man da schon relativ deutlich, respektive man spürt die Sorgen der Eltern, die eben keinen Kinderarzt finden. Grundsätzlich ist es aber so, dass die Bevölkerung in Muri gemäss Umfragen die Gesundheitsversorgung als sehr gut einstuft. Dies ist aber vor dem Hintergrund zu sehen, dass wir ein Spital haben in der Gemeinde. Das gibt der Bevölkerung ein Stück weit die Sicherheit, dass man ja im Ernstfall dann schon betreut werden würde auf dem Notfall. Dies führt aber dann natürlich dazu, dass auch Personen das Spital aufsuchen, die nicht zwingend in den Notfall gemusst hätten, was wiederum dann auch zu einer Überlastung des Notfalls führen kann.
Herr Budmiger, besten Dank für dieses Gespräch.
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